MANAGEMENT & STRATEGIEN | Gastansprache und Marketingautomation

 

 

Wie Hotelunternehmer und Hotelunternehmerinnen es schaffen, Gäste zu einer direkten Buchung und zum Wiederkommen zu motivieren, darüber wurde am 24. Juni in einem exklusiven Live-Talk für Hotelunternehmen von ProCampaign berichtet. Moderiert wurde die Online-Veranstaltung von Prof. Dr. Sandra Bayer. Sie ist Professorin für Business Management in der Digitalwirtschaft und Hospitality- Expertin für CRM und Automatisierung. An ihrer Seite steht Jörn Bittner, Evangelist für Marketing und Automatisierung bei ProCampaign. Vorab wurden den beiden Experten jeweils drei Fragen zu Gastansprache und Marketingautomation gestellt.

 

Frau Bayer, mit welchen Maßnahmen erreichen Hoteliers ihr Ziel, Gäste ohne Umwege über Buchungsportale zu gewinnen?

 

Bayer: Das Ziel sollte es sein, Buchungsportale zur Gewinnung von neuen Gästen zu nutzen, die sonst vielleicht nie den Weg zu einem gefunden hätten. Hier sind eine hohe Sichtbarkeit und einfache Buchbarkeit auf den relevanten Portalen notwendig. Spätestens ab dem nächsten Aufenthalt sollte das Hotel jedoch alles dafür tun, dass der Gast dann direkt bucht. Hier kommen entsprechende Automatisierungsstrecken ins Spiel. Jeder Gast sollte klar erkennen, welchen Mehrwert er genießt, wenn er zukünftig direkt beim Hotel seine Buchung platziert. Als Maßnahmen eignen sich sog. Booking Reminder, die konkret zu einer Buchung motivieren, genauso wie eher emotionale Kommunikationen, die Lust auf Urlaub machen.

 

Wenn Automatisierung zu Loyalisierung führt, gibt es hier einen signifikanten Unterschied zwischen Privatgästen und Businessreisenden? An welchen Touchpoints wollen beide Gastgruppen unterschiedlich angesprochen werden?

 

Bayer: Den Unterschied gibt es, denn die Loyalität an sich unterscheidet sich grundsätzlich zwischen Gästen, die freiwillig Ihren Urlaub in einem Hotel verbringen und Geschäftsreisenden. Fällt der Grund für die Business Reise weg, wird auch der treueste Geschäftsreisende nicht mehr wiederkommen. Insofern sollte man im Business Kontext eher von solider Kundenbindung sprechen. Gerade vor der Anreise ergeben sich in der Ansprache deutliche Unterschiede, denn der Privatgast freut sich auf seinen Aufenthalt und nimmt sich gerne Zeit, z.B. nach dem Erhalt einer Pre-Stay Kommunikation, genaue Angaben über seine Vorlieben zu machen. Die Ansprache ist generell emotionaler. Dem klassischen Geschäftsreisenden geht es hier eher um eine schnelle Abwicklung und eine Reduzierung auf das, was er wirklich braucht, hier steht die Effizienz im Vordergrund.

 

Individuelle Ansprache ergibt in der Gastkommunikation Sinn, keine Frage. Aber verläuft die Creepy Line (ich weiß, was du gerne frühstückst …) in der Hotellerie anders als beim Einkauf neuer Elektrogeräte zum Beispiel. Oder anders, wie forsch darf der Hotel-Marketer in der Ansprache sein?

 

Bayer: Generell sind wir in der Hotellerie noch recht weit davon entfernt, eine „Überindividualisierung“ an den Tag zu legen. Die meisten Hotels senden noch „alles an alle“. Die erste Frage, die sich hier stellt, ist die einer zuverlässigen Datengewinnung. Wenn im Hotel die Informationen nicht sauber und digital vorliegen, was der Gast sich wünscht, stößt die individuelle Ansprache schnell an ihre Grenzen. Insofern stellt das bereits die erste Hürde da. Ist diese genommen, sollte man Schritt für Schritt das Gasterlebnis entlang der gesamten Customer Journey personalisieren. Hier hängt es stark vom Hotelprodukt ab, was der Gast an individueller Ansprache erwartet oder wo es zu viel wird. Bewegen wir uns im Luxussegment, war schon immer im Hotel selbst das erklärte Ziel, alle Vorlieben der Gäste zu kennen und das hat stets das Besondere ausgemacht. Daran sollten wir uns auch in der digitalen Gastansprache orientieren und erstmal wenig Scheu vor einem Zuviel haben. Letztlich muss die Kommunikation und Ansprache vor allem relevant für den Gast sein und hier dürfen sich die Hotel-Marketer durchaus ausprobieren, was eine forsche, persönliche und ungewöhnliche Ansprache angeht. Traut Euch!

 

Herr Bittner, die Hotelbranche steht vor der Herausforderung, personenbezogene Daten DSGVO-konform zu behandeln und gleichzeitig branchenspezifische Kundenbindungsprogramme schnell zum Fliegen zu bringen. Wie kann sie diese Herausforderung meistern? Haben Sie drei gute Ratschläge für uns?

 

Bittner: Keep it simple. Der Beginn des Gastdialoges ist die Einwilligungserklärung, die Permission der Gäste, zur Kontaktaufnahme per E-Mail, Post und Telefon. Diese muss auf jeden Fall DSGVO-konform und rechtssicher gespeichert sein.

 

          a) Permission nicht im Standard E-Mail-System oder PMS manuell speichern An- und Abmelde-Formulare und Abmeldung                                      im Newsletter muss direkt mit der Permission-Verwaltung verbunden sein

 

          b) Präferenzen von Gästen müssen auf jeden Fall im Marketingtool gespeichert sein, damit Selektionen schnell aufgesetzt                                        sind

 

          c) Das Kundenbindungsprogramm muss die On- und Offline-Welten verbinden und auf einem verbindlichen Gastdatensatz                                  basieren

 

Das Ziel muss die Bildung eines 360Grad Gastprofiles im Sinne von Marketingkampagnen sein und die Permission ist die Währung im digitalen Marketing. Erst dann sind treffsichere Kampagnen effizient umsetzbar. Personendaten müssen mit Buchungstransaktionsdaten verknüpft werden und so die Basis für Customer Journeys und Vorteilsprogramm bilden.

 

Woran erkenne ich das richtige Automatisierungstool für mein Hotel? Welche Funktionen sind Must Haves?

 

Bittner: Bevor die Funktion besprochen wird, muss einmal die DSGVO Rechtssicherheit durch entsprechende AV-Verträge und Zertifizierungen des Dienstleisters geklärt sein. Bei US-Dienstleistern ist hier besonders auf die Vertragsgestaltung zu achten, da vor kurzem das Privacy Shield Abkommen vom EuGH für ungültig erklärt wurde.

 

Funktional sollte mindestens das einfache Targeting von Zielgruppen, der E-Mail-Versand und das Newsletter-Reporting auf der Plattform zu finden sein. Gerade das Reporting ist wichtig, um die richtigen Learnings aus den Gast-Kampagnen zu ziehen. Solide Customer Journeys sind eine gute Blaupause für den Start, die Umsetzung weiterer Kommunikation sollte auf jeden Fall ohne Beteiligung von IT-Dienstleistern möglich sein. Für den Content sollten einfache Content-Editoren vorhanden sein, damit das Hotel selber, ohne Agentur, eine Kampagne auch visuell umsetzen kann.

 

Haben Sie einen operativen Tipp, wie Hotels die Kundenkommunikation zu Schließzeiten clever aufrecht halten können? 

 

Bittner: Gäste lieben die direkte und persönliche Ansprache, zu jeder Zeit. Mit dem richtigen Gast-Datenmodell und den Kenntnissen zu Präferenzen der Gäste, kann jederzeit der Kontakt über zum Beispiel Lieblingsthemen gehalten werden. Themen, wo ich aus den Daten weiß, diese interessieren meine Gäste. Das kann neues aus der Region um das Hotel sein, dass können aber auch Yoga-Tipps sein, um die Vorfreude auf den Wellness-Urlaub aufrecht zu erhalten. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.


Quelle: https://www.superior-hotel.net/news/newsdetail/news/show/News/gastansprache-und-marketingautomation/

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